Podiumsveranstaltung rund um das Thema “Sterbehilfe”
(ul) “Die Würde des Menschen ist unantastbar”, heißt es in Artikel 1 unseres Grundgesetzes, und er gibt unserer Gesellschaft damit einen ganz wesentlichen Rahmen für einen respektvollen, einen achtensamen Umgang mit uns selbst sowie mit unseren Mitmenschen vor. Doch was ist eigentlich ein würdiges Leben? Und was ein würdiges Sterben? Steht uns in jeder Lebensphase die Freiheit zu, unser Leben jederzeit zu beenden? Und dürfen wir uns dafür Hilfe von außen holen? Was bedeutet assistierter Suizid? Ein sehr komplexes, weitreichendes Feld – dies ethisch, theologisch, juristisch, medizinisch und politisch aufzuarbeiten und einzelne Begrifflichkeiten zu klären, hatte sich die Evangelische Kirchengemeinde Hennef in Zusammenarbeit mit dem Hospizverein Lebenskreis sowie dem Sibilla Hospiz Bödingen vorgenommen und zu einer Podiumsveranstaltung ins Gemeindezentrum eingeladen.
Das Podium dabei fachkompetent besetzt, waren als Juristin und Vorsitzende des Rechtsausschusses im Deutschen Bundestag Elisabeth Winkelmeier-Becker, als Ärztin für Innere und Palliativmedizin Dr. med. Barbara Herzner sowie Theologin und Superintendentin Almut van Niekerk zu Gast, die Moderation übernahm Dr. Stefan Heinemann gemeinsam mit Prof. Dr. Athina Lexutt. Noch vor Beginn der Veranstaltung hatten die rund 60 Teilnehmenden die Möglichkeit, sich an einer Metaplanwand für oder gegen die Inanspruchnahme von Sterbehilfe zu positionieren. Das Ergebnis fiel dabei sehr deutlich aus; denn lediglich nur zwei Striche spiegelten eine Entscheidung dagegen wider.
Juristisch umriss gleich zu Beginn Elisabeth Winkelmeier-Becker Begriffe wie aktive und passive Sterbehilfe, indirekte Sterbehilfe und assistierten Suizid. Die Juristin machte dabei deutlich, dass ein Suizid in Deutschland keine Straftat sei und damit auch nicht die Beihilfe zum Suizid. Entscheidend sei dabei die “Tatherrschaft”: “Nur die Selbsttötung ist straflos”, erklärte Winkelmeier-Becker, der Wunsch aus dem Leben zu scheiden, sei dabei volatil und sollte nicht von außen beeinflusst werden. Denn in einer humanen Gesellschaft dürfe sich niemand dafür rechtfertigen müssen, wenn er noch leben wolle, so die CDU-Politikerin. Und genau damit beschäftigte sich der Deutsche Bundestag 2023 in zwei unterschiedlichen Anträgen nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes: Wie könne eine Neuregelung der Sterbehilfe aussehen, um vorschnelle Entscheidungen des Einzelnen, Beeinflussung durch Außenstehende oder eine mögliche “Kommerzialisierung” zu verhindern? Welche Hürden wolle die Politik hier einbauen?
Doch sei es überhaupt Aufgabe der Politik hier Regelungen zu schaffen, kam eine eher rhetorisch formulierte Frage zum Ende aus dem Publikum. Denn nicht zuletzt die vorangegangene Diskussion, die Sichtweise der Palliativmedizin sowie auch die theologische, zeigte an diesem Abend, dass der Wunsch zu sterben sowie das würdevolle Sterben ganz individuell ist und nicht zuletzt von vielen persönlichen Umständen abhängt. Und gerade im Zusammenhang mit einer schweren Krankheit, hätte die Medizin heutzutage soviel “Handwerkszeug”, um Schmerzen zu lindern und das Leben wie das Sterben bis zuletzt in Würde zu begleiten, erklärte Dr. Barbara Herzner. Was dabei Würde und Freiheit des Einzelnen bedeute, sei ganz individuell. “Wir können nicht für andere entscheiden, was ein würdiges Leben ist”, betonte Herzner; denn schließlich hätte jeder Mensch seine ganz eigene Sichtweise auf Lebensumstände. “Das, was das Leben lebenswert macht, darin sollten wir investieren, damit der Suizid keine Alternative ist”, sagte Almut van Niekerk, und beschrieb aus ihrer eigenen Erfahrung, dass sich die Perspektive von Menschen im Alter, aber auch abhängig von verschiedenen Lebensphasen immer wieder verändern würde und nie nur eine Momentaufnahme sei. Einem Menschen vor einer solchen Entscheidung unbedingt Zeit und kompetente Beratung an die Hand zu geben, fand daher einen breiten Konsens.