Die ersten Tage meiner Wanderung durch Norwegen zählen immer noch mit zu den härtesten. Ich trug die Hälfte meines eigenen Körpergewichts. Zudem scheuern alle Gurte auf meinen Knochen. Es dauerte nicht lange und es hatten sich bereits blaue Flecke auf meinen Hüften und Schrammen auf meinen Schlüsselbeinen gebildet. Der Rucksack lastete schwer auf meinem Rücken und immer wieder musste ich anhalten, um ihn absetzen. Die Autos bretterten an mir vorbei. Anders als bei andere Weitwanderwegen, wie z. B. dem Pacific Crest Trail oder dem Jakobsweg, gibt es bei Norge på langs (NPL) keine festgelegte Route. Es ist jedem selbst überlassen, einen Weg zum Nordkap zu finden. Um zu meinem ersten Wanderweg zu gelangen, musste ich zunächst ein paar Tage auf der Straße verbringen. Nach zwei Tagen änderte sich das Wetter von sonnig zu Sturzregen. Ich bemühte mich, stets meine gute Laune beizubehalten. Bushaltestellen wurden zu meinen Highlights des Tages, da sie mich für einige Minuten von dem ewigen Nass erlösten. Als plötzlich ein enormer Schmerz durch meine Füße schoss, humpelte ich zu meinem nächsten Unterstand und befreite diese aus meinen Schuhen. Sie sahen aus wie frisch geborene Babyigel: rosig, verschrumpelt und alles andere als schön. Da saß ich mitten in Norwegen barfuß und sah dem Regen beim Regnen zu. Zwei Tage später hatte es nicht aufgehört zu regnen. Ich saß heulend und bis auf die Knochen durchnässt in meinem Zelt. Keine meiner Regensachen hält dicht. Immerzu dachte ich an meinen letzten Tag vor meiner Abreise, an dem ich noch im Sommerkleid durch die Straßen Hennefs lief. Das erschien mir so weit weg. Wenn es aber eine Sache gibt, die ich besonders gut kann, dann ist es, mich durchzubeißen. Mit einem Hörbuch auf den Ohren und der Zuversicht, die nächste Nacht im Trockenen zu verbringen, marschierte ich kilometerweit zum nächsten Campingplatz, der doch tatsächlich direkt am Ende eines Regenbogens lag. Auf dem Campingplatz schien die Sonne. Ich schleuderte sofort die Schuhe von den Füßen und freute mich auf ein heiße Dusche. Ein Niederländer minderte leider sofort meinen Optimismus, da diese nur mit Münzen zu bedienen seien. Doch kurze Zeit später drückte er mir eine mit den Worten "Das reicht für fünf Minuten" in die Hand. Es waren die besten fünf Minuten des Tages.
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